Veröffentlicht am: 22.09.2017

Motorrad-Reisen durch landschaftlich schöne Gebiete stehen für Genuss mit allen Sinnen. Der kann jedoch nachhaltig getrübt werden, wenn bei der Routenplanung die Länge der Tagesstrecke falsch eingeschätzt wird. Für Dr. Christoph Scholl, bekannter Rennarzt und Begleiter von vielen Motorradtrainings, steht eines allerdings fest: „Obwohl es natürlich auf den individuellen Fitness- und Trainingszustand der Fahrerin oder des Fahrers ankommt, überschätzen sich viele und sitzen zu lange im Motorradsattel. Vor allem wenig geübte Piloten überziehen leicht.“ 

Körperliche Belastung nicht unterschätzen

Dass mehr Strecke nicht nur weniger Spaß am Erleben ist, sondern auch ein Sicherheitsrisiko bedeutet, erklärt Doc Scholl: „Die körperliche Belastung des Motorradfahrers liegt generell erwiesenermaßen im Belastungsbereich von Wettkampfsport. Schließlich summieren sich die Ausführung der Fahrmanöver, die Haltearbeit und der Widerstand gegen den Fahrtwind sowie die permanente Aufmerksamkeit und der Stress im Straßenverkehr.“

Im Klartext: Wer zu lange fährt, riskiert nicht nur Aufmerksamkeitsdefizite, die zu fatalen Folgen führen können. Die Herz-/Kreislaufbelastung steigt durch die erhöhte Hormonausschüttung zusätzlich. „Wenn erste Konzentrationsmängel auftreten, muss jedem klar sein, dass er schon zu lange fährt“, dringt Dr. Scholl auf regelmäßige und geplante Pausen. Der zwei Stunden-Rhythmus aus dem Autobereich kann, je nach Motorrad (mit oder ohne Verkleidung), Streckenbeschaffenheit und Wetter, für Motorradler zu lange sein.

Faustregel für Streckenlänge

Die Faustregel der ADAC Motorradexperten für die richtige Streckenlänge pro Fahrtag heißt:

  • auf Autobahnen maximal 700 Kilometer
  • auf Bundesstraßen maximal 450 Kilometer
  • auf Landstraßen maximal 350 Kilometer
  • im Gebirge mit Pässen maximal 250 Kilometer
  • auf Enduro-Strecken mit viel Schotter maximal 200 Kilometer

Dies gilt auch nur für gutes Motorrad-Wetter: Besonders große Hitze, niedrige Temperaturen oder extreme Temperaturschwankungen sowie Dauerregen erfordern eine Reduzierung der Teilstücke. Gleiches gilt für Fahrten auf Routen mit erheblicher Verkehrsbelastung.

Pausen richtig nutzen

Dass die Pausen nur für Tanken, Toilette und womöglich Rauchen genutzt werden, hält Dr. Christoph Scholl für gänzlich falsch: „Jede Rast sollte zur aktiven Erholung und Regeneration im physischen und psychischen Bereich genutzt werden." Dazu zählt der Mediziner Lockerungs- und Dehnungsübungen auch in der Kombi, schließlich verkrampfen nicht nur Muskeln an den Beinen, Armen und im Schulterbereich. Auch die Wirbelsäule bekommt trotz aller Federung kaum merkbare Stöße ab. Selbst „Augengymnastik“ wie Grimassenschneiden oder Augenrollen hilft: Dadurch wird die Feuchtigkeit im Auge angeregt.

Weil nur gut fährt, wer entspannt unterwegs ist, rät Dr. Scholl nicht nur zur aufmerksamen Selbstkontrolle: „Lockerheit erkennt man am besten an einer entspannten Unterlippe. Wer die Lippen zusammenkneift und auf die Zähne beißt, ist verkrampft.“ Die „Scholli“-Tipps für zwischendurch: Während der Fahrt die Füße auf den Rasten gezielt kippen, Schenkel spannen und entspannen, die Schultern und den Kopf heben und senken sowie drehen und zudem den Po heben, als wolle man aufstehen.


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